Eosinophile Ösophagitis - Asthma der Speiseröhre
- gesundreich
- 8. Sept.
- 16 Min. Lesezeit

Vortragskonzeption zum Thema "Eosinophile Ösophagitis" als Projektarbeit im Rahmen meiner Gesundheitsberater-Ausbildung 2021
Inhaltsverzeichnis
1. Begrüßung und Einleitung
Hallo liebes Publikum! Ich begrüße Sie herzlich und freue mich über das große Interesse an diesem neuen Krankheitsbild. Toll, dass Sie da sind!
Haben Sie schon einmal davon gehört oder persönlich erlebt? Sehr gründliches Kauen, Trinken nach jedem Bissen, Druck und Schmerzen hinter dem Brustbein, insbesondere beim Schlucken fester Nahrung. Bissen, die sich so festsetzen können, dass man würgen oder sich erbrechen muss und nicht einmal der eigene Speichel mehr geschluckt werden kann. Darüber hinaus Panikschübe und gegebenenfalls die notfallmedizinische Behandlung im Krankenhaus zum Weiten der Speiseröhre und zum Entfernen des Störfaktors, wenn ein größerer Bissen stecken geblieben ist. Wer kennt solche Anzeichen und Symptome? Und wer denkt dabei an eine Nahrungsmittelallergie?
Die ersten Fälle dieser neuen Krankheit wurden Ende der 1970er beschrieben, erst in den 1990ern wurde sie als Krankheit definiert, und seitdem ist ihre Inzidenz um das 20fache angestiegen!
Ich spreche von der Eosinophilen Ösophagitis (EoE), einer allergieartigen chronischen Entzündung der Speiseröhre. Ein schier unaussprechlicher Name, den ich zunächst kurz erklären möchte.
„Ösophagus“ ist griechisch für Speiseröhre, die Endung „itis“ weist auf eine Entzündung hin, und „eosinophil“ steht für eosinophile Granulozyten, also für bestimmte weiße Blutkörperchen, die hier an der zellulären Immunabwehr beteiligt sind. Diese eosinophilen Granulozyten sind der Grund, warum die EoE auch als Asthma der Speiseröhre bezeichnet wird. Bei beiden Erkrankungen – sei es in den Bronchien oder in der Speiseröhre – dominieren diese Eosinophilen, was auf einen ähnlich gearteten Mechanismus der Entzündung schließen lässt.
Ich stelle dieses Krankheitsbild vor, da meine Tochter, übrigens schon seit dem Kleinkindalter Allergikerin, daran erkrankt ist und wir erfahren mussten, dass vielen Ärzten die Symptome und Behandlungsmöglichkeiten unbekannt waren und sind. Aufklärung tut daher dringend not. Was sind die Symptome, wer ist betroffen, was empfiehlt die Medizin und welche ganzheitlichen Therapieansätze gibt es?
Zur besseren Einordnung der Krankheit werde ich zunächst kurz auf das Immunsystem und auf allergische Nahrungsmittelunverträglichkeiten im Allgemeinen eingehen.
Mein Name ist Ulrike Gier. Ich komme aus 21 Jahren Selbstständigkeit in der Babybranche und bin auf dem Weg zur Gesundheitsberaterin. Sozusagen aus der Babywelt in die Gesundheitswelt!
Das Interesse am Thema Gesundheit ist bei mir über die letzten Jahre stetig gewachsen, zum einen aufgrund diverser allergischer Erkrankungen in meiner Familie, zum anderen aufgrund meines zunehmenden Alters und nicht zuletzt aufgrund der erlebten Unsicherheit bei vielen jungen Eltern in meinem Babyfachgeschäft. Was ist denn nun das Beste für mein Kind? Insbesondere jedoch die Erfahrungen, die ich in der Begleitung meiner Tochter generell mit Allergien und speziell mit diesem neuen Krankheitsbild machen durfte, motivierten mich, das Thema Gesundheit ganzheitlich anzugehen und eine überzeugte Für-Sprecherin zu werden. Das ist auch der Grund für meine Ausbildung zur Gesundheitsberaterin an der Akademie Gesundes Leben/Stiftung Reformhaus Fachakademie in Oberursel.
2. Unsere Immunabwehr
Unser Immunsystem hat im Wesentlichen zwei Aufgaben: die Abwehr körperfremder, krankheitsauslösender Substanzen wie Viren, Pilze, Bakterien und anderer Mikroorganismen und die Abwehr von im Körper selbst gebildeten schädlichen Zellen wie Krebszellen. Es handelt sich um ein sehr komplexes System und besteht aus einer Vielzahl von Zellen, Abwehr- und Botenstoffen, die im ganzen Körper verteilt sind. Die Leistungsfähigkeit des Immunsystems entscheidet meistens darüber, ob eine Krankheit überhaupt ausbricht und wie sie verläuft.
Zu den Waffen, mit denen unser Körper Krankheitserreger abwehren kann, zählen Haut und Schleimhäute als schützende Barriere, Enzyme im Speichel und Tränenflüssigkeit ebenso wie die Säure im Magen. Hinzu kommen die 1.000 Milliarden Immunzellen in unserem Blut, der Lymphe und im interzellulären Raum, die durch unseren Körper patrouillieren, immer auf der Suche, „Feinde“ zu erkennen und zu bekämpfen
Man unterscheidet zwischen der unspezifischen oder angeborenen Abwehr und der spezifischen oder erworbenen Abwehr. Zur ersten zählen insbesondere Fresszellen (Makro-phagen) und die „Natürlichen Killerzellen“. Diese Zellarten sind bereits von Geburt an einsatzfähig. Die unspezifische Abwehr greift jeden Eindringling als erstes an und beseitigt auch abgestorbene Körperzellen. Sie hat aber kein „Gedächtnis“ und kann nicht gezielt gegen bestimmte Erreger vorgehen. Diese Aufgabe übernimmt die spezifische oder erworbene Abwehr. Sie entwickelt sich erst im Laufe des Lebens, wenn sich das Immunsystem mit Krankheitserregern auseinandersetzt. Infolge des Kontaktes zum Erreger bildet sich ein immunologisches Gedächtnis heraus, wodurch im Falle einer erneuten Konfrontation eine schnelle und effektive Immunabwehr gewährleistet ist. Die unspezifische Abwehr spielt bei unterschiedlichsten Krankheitserregern wie Viren, Bakterien und Entzündungsprozessen die Hauptrolle, während die spezifische Abwehr in erster Linie auf spezielle Eiweißstrukturen reagiert. Das können Oberflächen-Eiweiße von Krankheitserregern sein, von körpereigenen Zellen (Auto-Immunerkrankungen) oder von Pollen, Partikeln in der Luft bzw. von Lebensmitteln (Allergien) sein.
Unser Körper ist, wie alles in der Natur, in genialen Kreisläufen geregelt und auf Kooperation, gesunde Balance und Heilung ausgelegt. Keinesfalls spielt unser Organismus verrückt, wie so oft dargestellt, wenn er allergisch reagiert. Schnupfen und Niesen, Tränen der Augen, Anschwellen der Mandeln – all das sind Anstrengungen des Immunsystems, Krankheitserreger fernzuhalten. Allerdings ist das Immunsystem kein geschlossenes System, sondern steht in Wechselwirkung und engem Austausch mit unseren Hormonen, unserer Psyche, unserem Nervensystem (s.a. Forschungsgebiet Psychoneuroimmunologie). Stress, Trauer, Wut und Angst lähmen es und begünstigen Krankheiten. Die Anzahl der Immunzellen geht messbar zurück. Freude, Liebe, ein Ja zum Leben, hingegen stärken das Immunsystem.
3. Allergische Nahrungsmittelunverträglichkeiten (NMU)
Allergien, definiert als überschießende Abwehrreaktionen des Immunsystems auf körperfremde, eigentlich unschädliche Substanzen, können mit Fug und Recht, als „Volkskrankheit“ bezeichnet werden. Mindestens 20% aller Deutschen leiden an einer Allergie - das sind mindestens 16 Millionen Menschen.
Zu den wichtigsten allergieauslösenden Substanzen zählen Pollen, Tierhaare, Staubmilben sowie Komponenten von Medikamenten und Nahrungsmitteln. Dazu kommt die hohe Zahl an Nahrungsmittelintoleranzen oder Pseudo-Allergien, bei denen das Immunsystem nicht beteiligt ist.
Klassische Symptome von Allergien sind Asthma, Heuschnupfen, Ekzeme, Neurodermitis, Ödeme an Augen und Lippen und die Nesselsucht. Auch Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel und chronische Mittelohrentzündung können Anzeichen einer Allergie sein. Selten, aber besonders gefürchtet ist der anaphylaktische Schock, ein Kreislaufzusammenbruch, der zum Tode führen kann.
Doch warum entstehen Allergien? Die eine Ursache für Allergien gibt es nicht, denn an der Entstehung allergischer Erkrankungen sind meist mehrere Faktoren beteiligt. Wir ernähren uns zunehmend ungesund, stehen fortwährend unter Stress, übertreiben es mit der Körperhygiene, und sind häufig einer übermäßigen Schadstoffbelastung ausgesetzt.
Hinzu kommt die erhöhte Wahrscheinlichkeit, an einer Allergie zu erkranken, wenn auch die Eltern an einer Allergie leiden. Man spricht von „atopischer Veranlagung“.
Erst der häufige Kontakt jedoch mit möglichen Allergenen und verschiedene andere belastende Einflüsse, wie psychischer Stress oder ein Ungleichgewicht der Bakterienflora im Darm, machen aus der Veranlagung eine Allergie. Unser Immunsystem ist überfordert und beginnt, unangemessen zu reagieren.
Bei einer Nahrungsmittelallergie (NMU) kann es sich um praktisch jede Substanz halten, die in einem Lebensmittel steckt – ob natürlich oder zugesetzt, aber auch um Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker. Schon kleinste Mengen können ausreichen, um eine allergische Reaktion auszulösen.
Die Mehrzahl der Patienten mit Nahrungsmittelallergien leidet unter einer Nahrungsmittelallergie, die durch Immunglubulin E (IgE) vermittelt ist. Immunglobuline sind Antikörper, die sich spezifisch gegen ein bestimmtes Allergen richten. Während sich im Serum von gesunden Personen nur kleine Mengen von IgE finden, kommt es bei Allergikern nach Kontakt mit Allergenen zu einer gesteigerten Produktion im Sinne einer Überreaktion des Immunsystems. IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien zählen zu den atopischen Erkrankungen und entsprechen dem klassischen Soforttyp- bzw. Typ-I-Reaktion. Mehr als 85% aller Allergien sind Sofortreaktionen. Symptome treten meist unmittelbar nach Kontakt mit dem Allergen auf, d.h. innerhalb von 10-20 Minuten, manchmal auch innerhalb weniger Minuten bis zu 2 Stunden danach.
Anders sieht es bei den zellvermittelten immunologisch bedingten Nahrungsmittelunverträglichkeiten aus. Hier handelt es sich um Spätreaktionen, bei denen immunologisch sensibilisierte T-Lymphozythen, eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen, eine zentrale Rolle spielen. Eine typische Spätreaktion ist die Kontaktallergie. Aber auch Hautausschläge nach der Einnahme von Medikamenten fallen hierunter.
Als dritte Variante von Nahrungsmittelallergien, als Mischform, gelten Allergien, die eosinophilenassoziiert sind. Dies gilt besonders für NMU im Gastrointestinaltrakt und damit auch für die Eosinophile Ösophagitis. Gemeinsames Kennzeichen dieser Allergien ist der histologische Nachweis eosinophiler Granulozyten in der Schleimhaut einzelner oder mehrerer Wandschichten der betroffenen Organe mit der Folge einer Wandverdickung und Obstruktion.
Der Ablauf des Krankheitsprozesses bei der eosinophilen Ösophagitis ist noch nicht vollständig verstanden. Es handelt sich wahrscheinlich um einen Mechanismus, verursacht durch T-Helferzellen, bei dem es nach dem ersten Kontakt mit dem Nahrungsmittelallergen zu einer chronischen Entzündung mit Wandverdickung kommt, kombiniert mit einer lokalen IgE-mediierten Erkrankung, da die Synthese von IgE-Antikörpern in der Speiseröhren-Schleimhaut bei EoE Patienten nachgewiesen wurde. Einige Patienten schildern bei Kontakt mit bestimmten Lebensmitteln eine lokale Sofortreaktion. Möglicherweise fördern bereits vorhandene IgE-vermittelte Lebensmittelallergien die Bereitschaft zur Entwicklung einer EoE.
4. Eosinophile Ösophagitis (EoE)
Die EoE ist eine besondere Form der Lebensmittelallergie, die sich in einer chronisch entzündlichen Erkrankung der Speiseröhre manifestiert. Anders als typische Lebensmittel-allergien führen die Auslöser nicht zu einer Sofortreaktion, sondern zu einer sich über Wochen entwickelnden entzündlichen Veränderung des Ösophagus. Begleitend werden manchmal Sofortreaktionen an der Schleimhaut der Speiseröhre bei Kontakt mit bestimmten Lebensmitteln beschrieben. Risiken sind das Steckenbleiben der Nahrung, die zunehmende Durchlässigkeit der Speiseröhrenschleimhaut sowie durch die Wandverdickung eine nachlassende Peristaltik bis hin zu bösartigen Veränderungen. Bei Kindern kommt es darüber hinaus zu Gedeihstörungen.
Die genauen Ursachen sind zurzeit noch unbekannt. Übereinstimmend identifizieren die bisher verfügbaren Studien als Hauptauslöser regelmäßig zugeführte Nahrungsmittelallergene, insbesondere Milch, Weizen und Hühnerei. Daneben spielen genetische Faktoren, Stress, Ernährung, aber auch Umweltfaktoren wie Kaiserschnitt und frühe Antibiotika-Behandlung eine Rolle bei der Krankheitsentstehung. Eine Störung des Immunsystems gilt als sicher.
EoE wird zum Teil bereits im Kleinkindalter diagnostiziert. Bei Erwachsenen liegt das typische Erstmanifestationsalter im Lebensabschnitt zwischen 25 und 35 Jahren, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen (Risikoverhältnis 3:1). Außerdem erkranken wesentlich mehr Erwachsene als Kinder an dieser Krankheit.
Die große Mehrheit der EoE-Fälle wird aus industrialisierten und „verwestlichten“ Ländern mit westlichem Lebensstil wie den USA, Europa und Australien gemeldet.
Die meisten Patienten mit EoE zeigen eine Vorgeschichte von saisonalen Allergien, Asthma und Nahrungsmittelallergien, weshalb die EoE auch als späte Manifestation des „allergischen Marsches“ bezeichnet wird.
5. Symptome
Unsere Speiseröhre verbindet den Rachen mit dem Magen und ist etwa 25cm lang und 2cm im Durchmesser. Sie dient in erster Linie dem Nahrungstransport vom Mund zum Magen. Die Speiseröhre ist ein dehnbarer Schlauch, der sich der Form der Nahrung anpasst. Dabei rutscht die Nahrung nicht einfach durch die Speiseröhre nach unten in den Magen, sondern die Wände der Speiseröhre befördern die Nahrung durch rhythmische Muskelkontraktionen, die Peristaltik, in den Magen. Die Speiseröhre ist innen mit einer Schleimhaut ausgekleidet und ist dadurch besonders gleitfähig. Ist sie hingegen entzündet und angegriffen, versteift sie sich und krampft beim Schlucken unkontrolliert zusammen. Der gerade geschluckte Bissen bleibt stecken.
Die meisten Patienten mit EoE leben über Jahre mit ihren Symptomen, bis endlich die Diagnose gestellt wird. Typischerweise passen sie ihre Essgewohnheiten schnell an ihre Schluckbeschwerden an. Sie vermeiden beispielsweise häufig den Konsum von Nahrungsmitteln mit besonders fester und/oder faseriger Konsistenz (z.B. Möhren, Äpfel, Hühner- und Rindfleisch) und konsumieren größere Mengen Flüssigkeiten während der Mahlzeiten. Darüber hinaus ändern Patienten nicht nur ihre Essgewohnheiten, sondern auch ihren Lebensstil, indem sie Essen in Gesellschaft meiden. Patienten berichten über eine gewisse Angst beim Essen und darüber, dass die EoE einen negativen Einfluss auf ihre Lebensqualität hat.
Erwachsene Betroffene leiden häufig unter Schluckbeschwerden (Dysphagie), die von der Umgebung fälschlicherweise schnell auf hastiges Schlingen und unzureichendes Kauen zurückgeführt werden. Bei Fortschreiten der entzündlichen Veränderungen der Speiseröhren-Schleimhaut kommt es zum Steckenbleiben von größeren Nahrungsbrocken in der Speiseröhre (Bolusobstruktion). In schweren Fällen besteht die Gefahr, dass es zu einer Notfallsituation mit komplettem Verschluss der Speiseröhre durch Einklemmen von Speisen kommt. Schmerzen hinter dem Brustbein, Sodbrennen und Erbrechen können ebenfalls auftreten. Bei chronischem Verlauf kommt es zur fortschreitenden Wandverdickung/-verengung und Narbenbildung in der Speiseröhre, was zu irreversibler Beeinträchtigung der Organfunktion führt – ähnlich zur irreversiblen Abnahme der Lungenfunktion beim allergischen Asthma Bronchiale.
Bei Säuglingen stehen Fütterungsprobleme und Gedeihstörungen im Vordergrund, bei älteren Kindern Erbrechen, Übelkeit und Bauchschmerzen. Verweigerung der Nahrung mit entsprechender Gedeihstörung ist bei kleinen Patienten das häufigste Symptom, ebenso wie eine persönliche oder familiäre Vorgeschichte von Allergien. Kinder im Schulalter können bestimmte Verhaltensmuster bei der Nahrungsaufnahme entwickeln wie das Vermeiden fester Nahrung, langes Kauen oder häufiges Trinken bei Mahlzeiten, was das Schlucken und den Transport der Nahrung erleichtern soll. Ältere Kinder und Jugendliche weisen in der Regel Symptome auf, die denen von erwachsenen Patienten ähnlich sind.
6. Diagnose
Die Suche nach den Auslösern der EoE ist momentan noch schwierig, da es keine zuverlässigen Testmethoden gibt. Die klassischen Allergietests wie Pricktest (Hauttest) und Bluttest auf IgE-Antikörper sind zur Suche nach den Auslösern diagnostisch nicht geeignet, da es sich um keine klassische IgE-vermittelte Erkrankung handelt.
Die unspezifische Natur der meisten Anzeichen kann dazu führen, dass eine Reflux Krankheit als wahrscheinliche Diagnose in Betracht gezogen wird. Hier fällt auf, dass die Verschreibung von Protonenpumpenhemmern (PPIs) in der Praxis über die letzten Jahre kontinuierlich zugenommen hat.
Die Diagnostik der EoE, als Sonderfall unter den allergischen Erkrankungen, erfordert daher eine Zusammenarbeit mit Gastroenterologen, denn erst eine Endoskopie, eine Spiegelung der Speiseröhre mit Probenentnahme, und der histologische Nachweis von eosinophilen Granulozyten zeigt die wichtigsten klinischen Zeichen.
Dazu zählt im Frühstadium das Vorhandensein von Längsfurchen in der Speiseröhren-Schleimhaut. Im Spätstadium ist ein sogenannter Baumringaspekt typisch. Damit bezeichnet man ringförmige Schleimhautdefekte, die wie Ringe eines Baumes aussehen. Es ist eine fragile, leicht blutende Speiseröhrenschleimhaut vorzufinden, die sog. Krepppapier Mukosa. Die Diagnose gilt als gesichert, wenn im Gesichtsfeld eines mikroskopisch Biopsats mehr als 15 eosinophile Granulozyten zu finden sind.
7. Therapieansätze
Die Behandlung einer Speiseröhrenentzündung besteht neben der Linderung der Beschwerden vor allem in der Beseitigung der Ursachen. Nur so kann die geschädigte Schleimhaut der Speiseröhre heilen.
Die schulmedizinische Therapie zeigt insbesondere zwei Wege auf: die medikamentöse Behandlung mit einem Kortison-Präparat oder die strikte Eliminationsdiät. Gegebenenfalls werden endoskopische Therapien (z.B. Ballon-Dilatation) bei einer Verengung zwecks Dehnung mit Hilfe eines Ballons erforderlich.
Für die erfolgreiche Behandlung mit lokal wirkenden Kortison-Präparaten (z.B. Budesonid) liegt zwischenzeitlich eine hohe wissenschaftliche Evidenz vor. Mehrere randomisierte Studien existieren, die diesen Präparaten eine hohe Wirksamkeit in der Kontrolle der eosinophilen Entzündung garantieren. Budesonid ist seit dem Sommer 2018 in Form einer Schmelztablette für den Mund zur EoE Therapie zugelassen. Die Dauer der Therapie und die minimale Dosis, um die Entzündung im Griff zu behalten, ist bis heute noch nicht genau definiert. Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Bluthochdruck oder Pilz-Erkrankungen in Hals und Rachen werden häufig genannt.
Die Eliminationsdiät ist in unterschiedlichem Umfang denkbar, wobei entweder auf zwei, vier oder, in der striktesten Variante, auf gleich sechs Lebensmittel verzichtet werden muss: Weizen, Milch, Eier, Eiweiß aus Meeresfrüchten, Soja und Nüsse – Lebensmittel, die für ihr entzündungsförderndes Potential bekannt sind. Je umfangreicher die Auslassdiät, desto höher die Erfolgswahrscheinlichkeit. Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass Eliminationsdiäten zuverlässig zu einer Abnahme der Beschwerden und der Entzündung führen. Allerdings ist die genaue Identifizierung des Auslösers schwierig, da keine unmittelbare Reaktion auf das Allergen erfolgt und die Infiltration mit den eosinophilen Granulozyten mehrere Wochen dauert. Auch das Wiedereinführen einzelner Nahrungsmittelgruppen gestaltet sich aus diesem Grunde schwierig und erfordert eine erneute Biopsie zu Kontrollzwecken. Hinzu kommt, dass die Auslassdiät äußerst konsequent durchgeführt werden muss und nicht einmal Spuren dieser Lebensmittel erlaubt sind. Deshalb sollte Wahl der Eliminationsdiät auch vom Alter und der Motivation des Patienten sowie vom Risiko eines Nährstoffmangels abhängig gemacht werden.
Laut Schulmedizin ist eine Heilung ist mit den verfügbaren Therapien zurzeit nicht möglich. Eine Symptomlinderung kann aber in der Mehrzahl der Fälle erreicht werden.
Auch in der ganzheitlichen Therapie hat das Meiden der Allergene die größte Bedeutung. Allerdings ist das nicht einfach umzusetzen, da die betroffenen Lebensmittel zu 100% gemieden werden müssen. Schon der kleinste Krümel bewirkt ein Aufflammen der Entzündung.
Deshalb steht aus ganzheitlicher Sicht die Stärkung des Immunsystems und damit die Darmgesundheit im Vordergrund. Der Zusammenhang zwischen einem gesunden Darm und einem vorbeugenden Effekt für das Auftreten einer Allergie wurde mittlerweile nachgewiesen. Der Darm ist das größte Immunorgan unseres Körpers. Allein die Fläche ist beeindruckend – rund 450 Quadratmeter umfasst der Darm aufgrund seiner zahlreichen Ausbuchtungen, kleinsten Erhebungen und seiner Vielzahl an Schlingen. Ausgebreitet entspricht das in etwa der Größe eines Tennisplatzes. Zum Vergleich: Unsere Hautoberfläche bringt es nicht einmal auf zwei Quadratmeter. Die Schleimhaut des Darmes stellt damit eine der wichtigsten „Kontaktflächen“ zur Außenwelt dar. Ihr Zustand entscheidet über das Eindringen von Allergenen und den Schweregrad der Symptome. Eine gesundes Mikrobiom ist zu großem Teil am fehlerfreien Funktionieren des Immunsystems beteiligt.
Unser Darm spielt nicht nur bei der Aufnahme von Nahrung eine zentrale Rolle. Zahlreiche Nervenverbindungen in der Darmschleimhaut reagieren sensibel auf Emotionen wie Stress, Angst und Glück und schicken Botschaften über die Darm-Hirn-Achse, den Vagusnerv, ins Gehirn. Immunsystem, Körpergewicht, Stoffwechsel, ja sogar unsere Emotionen werden durch diese Signale beeinflusst, die aus dem Bauch kommen. Ist unser Darm gesund, können wir uns das Zusammenleben dieser Mikroorganismen wie in einer gut funktionierenden WG vorstellen. Es gibt Bakterienstämme, die unsere Gefäße geschmeidig halten, andere bringen unseren Blutdruck oder den Cholesterin Spiegel in Balance, wieder andere trainieren das Immunsystem oder unterstützen unser Gehirn bei der Arbeit. Gerät das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht, herrschen Chaos und Stress in der Darmflora-WG. Die Folge sind Entzündungsprozesse oder andere Erkrankungen. Die Lieblingsspeisen der Darmbakterien sind im Übrigen Ballaststoffe, sogenannte Präbiotika. Werden sie hiermit nicht ausreichend versorgt, gerät das gesamte Gleichgewicht in der Darmschleimhaut durcheinander, die Schleimhaut kann durchlässig oder löcherig werden. Man spricht vom Leaky Gut Syndrom, was als Konsequenz das Immunsystem, die Lymphgefäße und auch die Leber übermäßig beansprucht. Mögliche Folgen sind Entzündungen, Reizdarm oder Allergien und Unverträglichkeiten. Der aufmerksame Zuhörer mag hier hellhörig werden, denn die Parallelen zwischen einer gestörten Schutzfunktion der Darmschleimhaut beim Leaky Gut Syndrom und einer beschädigten Speiseröhrenschleimhaut bei der EoE sind offensichtlich.
Was heißt es denn nun, darmgesund zu leben?
Grundsätzlich wird der Darm träge, wenn wir uns nicht bewegen. Er mag moderate Ausdauerbewegung wie Sparzierengehen oder Wandern. Und viel Flüssigkeit, damit der Speisebrei gut verdünnt wird. Am besten zwei Liter ungesüßten Tee oder Wasser über den Tag verteilt trinken. Darüber hinaus hilft eine pflanzenbetonte und ballaststoffreiche Ernährung und weniger industriell verarbeitete und tierische Lebensmittel. Überhaupt eine Ernährung mit viel Gemüse, Vollkorngetreide und wenig Fleisch gilt als grobe Richtschnur für eine verdauungsfördernde Ernährung. Dazu, Leinsamen, Chia- und Flohsamen, die besonders viele Ballaststoffe enthalten. Das gleiche gilt für die sogenannte resistente Stärke, die beim Abkühlen von Reis und Kartoffeln entsteht. Wer Cashewkerne und Erdnüsse knabbert oder Hülsenfrüchte mag, tut seinem Darm ebenfalls Gutes. Denn auf diesem Weg nehmen wir Tryptophan auf, welches unsere Bakterien in Indol verstoffwechseln. Dies stärkt die Darmbakterien und wirkt regulierend auf unser Immunsystem. Neben pflanzlichem Eiweiß zum Beispiel aus Nüssen, Mandeln, Sesam- oder Hanfsamen, die wertvolle Polyphenole enthalten, haben insbesondere auch Omega-3-Fettsäuren, zum Beispiel Leinöl oder Walnussöl, einen positiven Einfluss auf die Zusammensetzung unseres Mikrobioms und können Entzündungen bremsen.
Auch Probiotika sind für die Darmgesundheit wichtig. Das sind lebende Bakterien, zum Beispiel aus Sauermilchprodukten wie Naturjoghurt oder aus fermentiertem Gemüse wie Sauerkraut, die den Darm besiedeln und die Artenvielfalt fördern. Alternativ bietet sich eine Probiotika-Kur über beispielsweise Reformhaus Produkte an. Noch besser ist es, zunächst eine Stuhluntersuchung durchführen zu lassen, um dann gezielt die richtigen Bakterien zuzuführen.
Schädlich für den Darm sind im Übrigen Antibiotika, deren Einnahme wie ein Kahlschlag zur starken Minimierung der Bakterien führt. Problematisch sind aber auch praktisch alle Schmerzmittel und Säureblogger gegen Sodbrennen, die dem Darm eigentlich helfen sollen.
Wie bei allen anderen Allergien, sind Ernährungsanalyse und -umstellung ratsam. Eine Ernährungsumstellung wird im besten Fall, so denn medizinisch im Einzelfall nichts dagegenspricht, mit einer Heilfastenkur eingeleitet.
Tatsächlich werden bei Allergikern gute Erfahrungen mit Heilfasten, zum Beispiel nach Buchinger, gemacht. Und da spreche ich aus eigener Erfahrung. Der Effekt ist nicht verwunderlich, da diese Therapiemethode einen starken Einfluss auf das Mikrobiom hat. Insbesondere auch bei allergischen Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, sorgt das Heilfasten für erstaunliche Ergebnisse und bietet die Möglichkeit eines kompletten Re-Sets. Eine kombinatorische Durchführung von Intervallfasten und Heilfasten sorgt für eine zusätzliche Entlastung des Körpers. Dringend erforderlich dabei ist ebenfalls eine Trinkmenge von 2 Litern Wasser am Tag sowie tägliche Bewegung an der frischen Luft.
Das fördert gleichzeitig die Ausscheidung von Giftstoffen. Die Entgiftung über den Darm erfolgt mithilfe der Ballaststoffe. Die Entgiftung über Leber und Niere kann durch Artischocke, Brennnessel und Löwenzahn unterstützt werden. Voraussetzung für den Einsatz von Heilpflanzen ist allerdings, dass gegen sie keine Allergie besteht. Für eine Entgiftung der Leber bietet sich beispielsweise die Mariendistel mit dem Wirkstoff Silymarin an, welcher die Zellmembran stabilisiert und eine antientzündliche Wirkung besitzt. Möchte man die Niere entgiften, verwendet man die pflanzliche Goldrute, die über Gerbstoffe, Saponine, Bitterstoffe und pflanzliche Öle verfügt. Diese Wirkstoffe fördern die Durchspülung der Niere und der ableitenden Harnwege. Weiterhin wirken sie krampflösend und antibakteriell. Auch die Entgiftung über die Haut durch Schwitzen bei sportlicher Betätigung und / oder Saunagängen ist empfehlenswert.
Eine weitere wichtige Maßnahme zur Behandlung von EoE besteht in der Unterstützung der Verdauungsarbeit. Das Risiko für die Entstehung einer Allergie wird durch die Größe der Eiweißpartikel im Darm mitbeeinflusst. Je besser Eiweißstoffe durch ihre Verdauungsarbeit zerlegt werden, umso geringer ihre allergieauslösende Wirkung. Wichtig ist es, jeden Bissen gut zu kauen und einzuspeicheln. Eine zusätzliche Gabe von Pepsinpräparaten kann die Eiweißverdauung ebenfalls unterstützen.
Allergiker sollten unbedingt darauf achten und lernen, gut mit Stress umzugehen. Das funktioniert zum einen durch regelmäßige Bewegung und Ausdauersport, zum anderen durch Anwendung von Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training, Yoga, Tai Chi oder Meditation. Auch Heilpflanzen wie Johanniskraut, Lavendel, Baldrian und Melisse unterstützen die Entspannung. Johanniskraut gibt es als Tee oder Saft, Lavendel und Melisse als Duftöl, Bad und Tee; Baldrian, Hopfen, Passionsblume als Dragees.
Nicht zuletzt sollten Allergiker auf eine gute Versorgung mit Vitalstoffen achten und nicht aus Vorsicht mehr Lebensmittel meiden als unbedingt notwendig. Sonst besteht die Gefahr einer mangelnden Versorgung, was die Symptome einer Allergie noch verstärkt. Bekanntlich herrscht bei vielen Allergikern ein Mangel an essentiellen Fettsäuren, Zink und Vitamin B6. Wichtige Fettsäuren, wie die Linol- oder Gamma-Linolensäure, sind in Nachtkerzen-, Borretschsamen- und Schwarzkümmelöl enthalten. Sie sind Vorläufer von entzündungs-hemmenden Gewebshormonen und versorgen Haut und Schleimhäute. Zink fördert die Wundheilung, Vitamin B6 und Kalzium vermindern die Histamin-Ausschüttung und lindern die Symptome, Johanniskraut, Ginseng und Passionsblume stärken die Nerven.
Häufig übersehen wird in diesem Zusammenhang die wichtige Rolle von Vitamin D. Eine Funktion ist hier die vermehrte Bildung entzündungshemmender T-Zellen, die z.B. allergische Reaktionen abmildern.
8. Konkrete Empfehlungen
Die EoE hat bei weitem noch nicht alle Geheimnisse preisgegeben. Und das neue Krankheitsbild verbreitet sich rasant. Dennoch bin ich der Überzeugung, auch aus den Erfahrungen, die ich mit dem Krankheitsbild bei meiner Tochter gesammelt habe, dass es neben den schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten sehr erfolgreiche ganzheitliche Ansätze gibt, die wirksam und weniger stark belastend sind. Im akuten Stadium der Entzündung mit all ihren Symptomen ist es hilfreich und beruhigend zu wissen, dass es lokal und schnell wirkende Medikamente gegen die entzündete Speiseröhren-Schleimhaut gibt. Das kann aus meiner Sicht allerdings keine Dauerlösung sein, da diese nur die Symptome und nicht die Ursache bekämpfen und ihrerseits erhebliche Nebenwirkungen haben. Eine Eliminationsdiät ist auch nicht für Jedermann praktizierbar, zumal Patienten im Laufe ihres Allergiker-Karriere häufig schon über Jahre hinweg auf diverse Lebensmittel verzichtet und trotzdem wenig damit erreicht haben.
Letztendlich muss jeder Patient für sich selbst entscheiden, welchen Weg er wählt.
Mir ist es jedoch wichtig, dieses sich rasch entwickelnde Krankheitsbild bekannt zu machen und insbesondere die Allergiker unter uns zu informieren, damit mögliche Symptome frühzeitig erkannt und rechtzeitig gegengesteuert werden kann: mit einem möglichen Einstieg über das Heilfasten in eine Ernährungsumstellung, die unser Mikrobiom stärkt, antientzündlich wirkt, gute Omega3 Fettsäuren liefert und die Entgiftung fördert, dazu eine Lebensstilveränderung, die die innere Ordnung anspricht und belastende Faktoren aufarbeitet, den Rhythmus fördert und einen besseren Umgang mit Stress ermöglicht. So erholt sich unser Immunsystem und findet ins Gleichgewicht zurück. Ist der Darm saniert und arbeitet wieder optimal, können sich Unverträglichkeiten, Intoleranzen und zuweilen auch Allergien oft in Luft auflösen, wie auch Dr. Petra Bracht, bekannte Fachärztin für Allgemein- und Ernährungsmedizin in Bad Homburg, aus langjähriger Praxisarbeit zu berichten weiß.
Die wichtigste Voraussetzung allerdings, den Schalter umzulegen, ist es, die Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen und sich nicht mit Tabletten abspeisen lassen zu wollen. Das ist auch der erste Schritt!
9. Literaturverzeichnis
Klartext Ernährung - Bracht und Leitzmann
ISBN: 978-3-442-39359-6
Buchinger Heilfasten – Dr. med. Andreas Buchinger
Trias Verlag
ISBN: 978-3-432-10690-8
Weißbuch Allergie in Deutschland - Klimek, Vogelberg, Werfel (Hrsg.)
Springer Medizin Verlag
ISBN: 978-3-89935-312-9
Heilen mit der Kraft der Natur - Prof. Dr. Andreas Michalsen
Insel Verlag
ISBN: 978-3-458-36370-5
Mit Ernährung heilen - Prof. Dr. Andreas Michalsen
Insel Verlag
ISBN: 978—3-458-17790-6
Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten - Ute Körner u. Astrid Schareina
Georg Thieme Verlag
ISBN: 978-3-13-220651-9
Allergien natürlich behandeln – Hildegard von Bingen - Prof. Dr. med. Claus Schulte-Uebbing
St. Benno Verlag GmbH
ISBN 987-3-7462-5857-7
Allergien (R)evolutionär - Magdalena Stampfer
Integrum Verlag Wien
ISBN: 978-3-96443-772-3
Eosinophile Ösophagitis - Prof. Dr. Alex Straumann
UNI-MED Verlag, 2019
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